Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Januar 2012
Andreas Platthaus
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Vor einem Jahr, Anfang 2011, sah alles so gut aus: das Projekt sowieso, aber auch die Finanzierung. Heute sind die Vorarbeiten fortgeschritten, und das, was man nun wirklich schon sehen kann von „Black. Light“, sieht noch viel besser aus, als es die Anfänge vor einem Jahr vermuten ließen. Doch mit dem Geld sieht es schlecht aus. Und das, obwohl gleich zehn bedeutende Illustratoren an „Black.Light“ beteiligt sind. Es ist typisch: Da interessieren sich einmal Künstler und Journalisten aus der Beletage des Lebens für die Verzweiflung in den Kellergewölben der Welt und erarbeiten deshalb ein Konzept, das nicht nur verschiedenste Erzählformen, sondern auch die Menschen aus Nord und Süd, Wohlstand und Elend, Licht und Schatten zusammenbringen soll, und dann passiert etwas, was am Anfang ganz wunderbar scheint und dadurch alle Aufmerksamkeit und auch alle Fördermittel auf sich konzentriert – weil es ja viel attraktiver ist, das Schöne zu dokumentieren als das Hässliche, das zu zeigen, was uns in ein gutes Licht setzt, statt das, was unser Schatten ist. Darum ist für „Black.Light“ mit einem Mal kein Interesse mehr da. Das Wunderbare, das vor einem Jahr seinen Anfang nahm, war der arabische Völkerfrühling. Was aber hat der mit „Black.Light“ zu tun?
Zuerst muss man dazu fragen, was „Black.Light“ überhaupt ist. Die Frage zu stellen sagt bereits einiges über die Probleme aus, die das Vorhaben hat. Normalerweise sollte man annehmen, dass die grenzen- und disziplinenübergreifende Idee, eine Menschheitstragödie künstlerisch und dokumentarisch zugleich darzustellen, Neugier erregt und Unterstützung findet. Doch schon zu dem Zeitpunkt, als sich die Tragödie , um die es geht , abspielte , in den Jahren von 1989 bis 2007, wurde ihr außerhalb Afrikas nicht viel Beachtung geschenkt. Die Kriege der Nachfolgestaaten von Jugoslawien, der Nahost-Konflikt und zwei Irak-Kriege waren mehr als bloß publizistische Konkurrenz: Sie machten den Westen blind für die Schrecken in jenen Regionen, die nur Peripherie seiner Interessensphären sind. Für eine Region wie Westafrika. Dort wurden die Jahre 1989 bis 2007 durch Charles Taylor bestimmt. Der liberianische Warlord trug den Machtkampf um sein Heimatland erst einmal in dessen Nachbarstaaten, ehe er nach einem Bürgerkrieg 1997 tatsächlich Präsident von Liberia wurde, im Amt prompt den zweiten Bürgerkrieg und neue außenpolitische Konflikte schürte. 2003 wurde er durch internationalen Druck zum Rücktritt gezwungen, 2006 aus nigerianischem Exil ausgeliefert und 2007 vor einem Sondertribunal der Vereinten Nationen in Den Haag wegen Kriegsverbrechen in Sierra Leone angeklagt. Das Verfahren gegen den Mann, der es geschafft hat, Westafrika in Flammen zu setzen, läuft noch. Von den Folgen, die seine Taten dort haben, wo Taylor gewirkt hat, soll „Black.Light“ erzählen.
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