„Bella Ciao“ – Marc Ribot (feat. Tom Waits)

Una mattina mi son svegliato
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao ciao
Una mattina mi son svegliato
Eo ho trovato l’invasor

O partigiano porta mi via
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao ciao
O partigiano porta mi via
Che mi sento di morir

E se io muoio da partigiano
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao ciao
E se io muoio da partigiano
Tu mi devi seppellir

Mi seppellire lassù in montagna
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao ciao
Mi seppellire lassù in montagna
Sotto l’ombra di un bel fiore

E le genti che passeranno
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao ciao
E le genti che passeranno
Mi diranno: „Che bel fior“

È questo il fiore del partigiano
O bella ciao, bella ciao, bella ciao ciao ciao
È questo il fiore del partigiano
Morto per la libertà

„Bella Ciao“

by Marc Ribot (feat. Tom Waits) from the album

Songs Of Resistance 1942 – 2018

FAZ; 30.8.2018

GTR Teil 8

von Habbo Knoch

Lahore – Suchend: Die Engländer mieden die verwinkelten Straßen dieser geschichtsträchtigen Stadt. Aus Angst, sich anzustecken, bauten sie ihre eigene außerhalb der alten Mauern mitsamt einem Museum für die antike buddhistische Kultur. In diesem „Wunderhaus“ erscheint auch heute die Welt weit weg. Doch wer durch Saddar geht, die Altstadt, spürt wie Rudyard Kiplings Romanfigur Kim am Ende des 19. Jahrhunderts die tragische Schönheit einer Stadt zwischen reicher Spiritualität und harter Politik. Kim musste sich entscheiden: Folge ich dem weisen Lama oder dem Reiz der Spionage? Kein Wunder, dass in Lahore gleich beide Nationalbewegungen ihren Anspruch auf einen Staat erhoben, 1929 die indische, elf Jahre später die pakistanische. Mit der Teilung wurde Lahore zum Schlachtfeld und „ethnisch gesäubert“. Eine Apokalypse, wie sie sich ähnlich an vielen anderen Orten wiederholen sollte: Timor Leste, Ruanda, Sierra Leone, der Balkan. In Lahore blickt in die Niemandsländer unserer westlichen Seele, wer hinschaut – es zerreißt, verwirrt und läßt einen nicht mehr los. Nur weg, denn nichts hier gibt Antwort, erst recht nicht die Sehnsucht nach den Verlorenen.

FAZ; 2.8.2018

GTR Teil 7

von Habbo Knoch

Wagah – Verrückt: Ein Tagesmarsch führt von Amritsar nach Pakistan. Wie mit dem Skalpell gezogen teilt die Radcliff-Linie seit 1947 den Punjab, von dessen Wasser beide Seiten leben müssen. Auf dem Weg versperren immer wieder militärische Anlagen den Blick. Die Füße spüren den Boden voller Gebeine von Hindus und Muslimen, den Opfern jener tragischen, außer Kontrolle geratenen Flucht von Millionen. Pakistans neuer Premier fand damals: „Our people have gone mad.“ Wer den Grenzübergang Wagah erreichte, konnte immerhin hoffen, überlebt zu haben. Nur war die alte Heimat von hier aus genau so weit entfernt wie die neue. Für den irren Bishan in Mantos Erzählung „Toba Tek Singh“ gibt es deshalb nur noch einen letzten, wahren Ort: das Niemandsland. Heute erhebt sich hier ein zweigeteiltes Stadion, mit weit in den Himmel ragenden Masten, Tribünen wie im alten Rom und frenetischen Zuschauern im Takt der Animateure. Zur Grenzschließung werden abends die Fahnen beider Staaten millimetergleich abgesenkt. Beim kuriosen Schauspiel der Wächter verschwimmt, was Krieg, was Frieden ist. Für das Selfie aber wird viel gelacht.

Kriegspassage

Ausstellung und Gespräch beim Erlanger Poetenfest 23.-26. August 2018

 

 

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David von Bassewitz (Illustration)

Wolf Böwig (Fotografie und Collage)

Christoph Ermisch (Grafik und Animation)

Benjamin Flaó (Illustration)

Dieter Jüdt (Illustration)

Habbo Knoch (Text)

Pedro Rosa Mendes (Text)

George Pratt (Illustration)

Stefano Ricci (Illustration)

Thierry Van Hasselt (Illustration)

Danijel Žeželj (Illustration)

 

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FAZ; 5.7.2018

GTR Teil 6

von Habbo Knoch

Amritsar – Gefangen: Amritsar, die erste Stadt im heutigen Indien entlang der Grand Trunk Road, wenige Kilometer vom pakistanischen Lahore entfernt. Sie erstrahlt im Glanz des Goldenen Tempels, dem heiligsten Ort der Sikh. Bilder erzählen hier ihre Geschichte als leidvolles Martyrium, bekämpft von Hindus und Muslimen, Briten und indischem Staat. Ausweglos zu Hunderten gelyncht beim Massaker von 1919, zu Tausenden erschossen beim Kampf um den Tempel 1984. Doch so einfach ist es nicht. Die wehrhaften Sikhs dienten den Briten als kampfbereite Soldaten. Sie mordeten in den Waggons, die Muslime vor siebzig Jahren aus Indien nach Pakistan brachten. Wer auf den Dächern sitzen musste, konnte den Seilen nicht entkommen, die an der Grenze gespannt waren. „Dawn of Freedom“, gefangen in Gewalt und Rache. Ein verstaubter Pappzug wird zum ungewollten Symbol für den mit Blut getränkten Weg. Doch vom Mord an Indira Gandhi bis zu Manmohan Singh als erstem Sikh an der Spitze Indiens begleitet ihn auch ein Hoffnungsschein.

who else, if not them: borders and beyond

“There was a guy who was captured in the war when he was very young.
He was held in one of the prisons in Banovina, beaten up daily. But the
worst thing for him were the exchanges of prisoners. He was taken several
times to be exchanged, unsuccessfully. This was worse than all the beatings,
than the barrel of a gun down his mouth. He had a dream he’d killed
someone, he said,I don’t know whether I’d really killed someone, they
were shooting at us, we were shooting at them, what happened on the
other side I don’t know, but I have a dream of someone coming over to
me from the ‘other side’, and asking ‘Why did you kill me?’
(Patient der Psychiatrischen Klinik Popovača)

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Asli Erdogan – Nicht einmal das Schweigen gehört uns noch

Die Verwundeten und Toten sind in Kobane. Kader. Das heißt Schicksal. Ich laufe die Straßen entlang, abschüssige, steile Sackgassen, künstliches Licht. Nah ist, heißt es bei Rilke, Nah ist das Land, ein Korridor erstreckt sich bis zu der belagerten Stadt, eine junge Frau durchschreitet ihn, Nah ist, heißt es bei Rilke, sie trägt Winterkleidung für Kinder mit sich, Nah ist das Land,/das sie das Leben nennen, ein Waffenlauf sucht sein Ziel … ich laufe die Straßen entlang, es gibt lärmende Menschentrauben und Schweigende, ich ziehe ein furchtbares Gewicht hinter mit her, das Gewicht lastet auf mir und der Welt, eine 28jährige Frau läuft vor den Waffenläufen her, in dem Land, das sie das Leben nennen

 

Knaus-Verlag – Nicht einmal das Schweigen gehört uns noch

Deutschlandfunk „Eine Stimme des Gewissens“

 

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