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Die Freiheit zählt zu Recht zu den grossen und verpflichtenden Errungenschaften der abendländischen Zivilisation. Freiheit von Zwang und Unterdrückung, Freiheit von Bevormundung, Freiheit von physischer und ideologischer Gewalt, Freiheit von politischer Übermacht – und was der bekannten Signaturen mehr sind. Dass der Mensch frei ist zu vielem – nicht zu allem –, ist eine Erkenntnis, die seit den Griechen politisch vielfältig wirksam wurde und insbesondere die Geschichte der westlichen Kulturen fundamental bestimmte. So kann man durchaus sagen: Ohne Freiheit kein Menschsein. Aber die Freiheit – des Einzelnen innerhalb von Staat und Gesellschaft – ruft immer auch Argwohn hervor: vor allem den Argwohn der Herrschenden, wo immer diese zu finden sind, von den Autokraten und tyrannischen Potentaten bis zum modernen Typus der Bürokraten oder Funktionäre. Schliesslich wird Freiheit immer wieder auch gegen Gleichheit ausgespielt, dann insbesondere mit dem Verweis auf sogenannte Verteilungsgerechtigkeiten im modernen Sozialstaat. Dort sollen die Menschen nicht zu frei sein dürfen, sich vielmehr klaglos einpassen in die Systeme einer homogenisierenden Verwaltungsordnung. Beispiele erübrigen sich.Heute ist die Freiheit abermals vielfach bedroht. Nachdem das Jubeljahr des Aufbruchs von «1989» viel zu viel versprochen hatte, finden wir uns in einer multipolar bewegten Welt wieder, die insbesondere die liberalen Geister unter ihren Beobachtern beunruhigen muss. Autoritär geführte Nationalstaaten, islamistisch geprägte Diktaturen, dazu die enorm gesteigerte Präsenz vielfältiger Überwachung im Zeichen der digitalen Möglichkeiten: Dies alles lässt uns erneut nach den Werten und Errungenschaften im Zeichen der Freiheit fragen.
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Das Drama der Freiheit – VONTOBEL Schriftenreihe 2/2020