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Drei Frauengenerationen, und doch ein einziges Schicksal. In Grossmans Buch dreht sich alles um die Folgen des Todes von Milos für dessen Frau und die Tochter und damit auch für die Enkelin Gili, die erst achtzehn Jahre nach der jugoslawischen Tragödie geboren wurde. Trotzdem lebt auch sie in deren Schatten, denn als kleines Kind war sie von ihrer Mutter Nina verlassen worden, die selbst dasselbe Kindertrauma erlitten hatte…
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Für Vera Bruck gibt es ein reales Vorbild: die 2015 im Alter von 97 Jahren gestorbene Eva Panic-Nahir, über ihre letzten beiden Jahrzehnte hinweg eine Freundin von Grossman, die ihm ihre Lebensgeschichte immer wieder erzählt hat. Sein Roman nimmt sich viele Freiheiten bei der Zeit nach 1951, doch im Zentrum bleibt die unlösliche Liebe zu Milos, der in Wirklichkeit Rade hieß. Im Roman sagt Vera ihrem zweiten Mann: „Jede Nacht werde ich dir erzählen von ihm“, und so hielt ihr Vorbild es im Freundeskreis. Ein anderer bedeutender Schriftsteller, Danilo Kis, war auch fasziniert von Eva Panic-Nahir und wollte ein Buch über ihr Leben schreiben, nachdem er sie 1989 in Israel kennengelernt hatte. Doch daraus wurde nichts; Kis starb noch im selben Jahr. Womöglich hat der frühe Tod des großen jugoslawischen Autors uns erst das Buch seines großen israelischen Kollegen geschenkt. Wer hätte schon gegen ein Werk von Kis anzuschreiben gewagt?
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Was David Grossman mit diesem Buch leistet, entzieht sich der Beschreibung in Worten, weil es in der liebenden Härte gegenüber seinen Figuren dem entspricht, was Vera getan hat. Man muss „Was Nina wusste“ lesen, um etwas vom Unbegreiflichen zu wissen.
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Als die Liebe gehärtet wurde – Andreas Platthaus | FAZ